Durchhalten ist hart – aber es lohnt sich

Gutes Selbstmanagement von Diabestes ist wichtig

Immer mehr Menschen leiden an Diabetes, auch Zuckerkrankheit genannt. Der Grund: Unsere Lebensweise und die stetig steigende Lebenserwartung. Gut, gibt es Messgeräte und Insulinspritzen. Doch das jahrelange selbständige Managen des Blutzuckerspiegels braucht Disziplin. Das Schlüssel-Wort heisst: Motivation.

Von Andrea Fischer

Wer schon mal über längere Zeit krank war, weiss, wie anstrengend und ermüdend es sein kann, einer Therapie treu zu bleiben. Diese Treue nennt man Compliance. Sie ist besonders bei chronischen Krankheiten ganz wichtig – und nicht immer einfach aufrechtzuerhalten.
Prof. Roger Lehmann, Endokrinologe und Leiter der Diabetologie und Inseltransplantation am Universitätsspital Zürich, verbringt viel Zeit damit, Menschen dabei zu unterstützen, ihre Insulintherapie möglichst konsequent durchzuziehen. Dafür ist es ihm sehr wichtig, den einzelnen Patienten zu verstehen: «Patienten mit einem Typ-1-Diabetes kriegen die Diagnose meist bereits in der Kindheit und da sind die Eltern die treibende Kraft. Mit dem Eintritt in die Pubertät kommen viele in eine Krise und verlieren die Lust an der Therapie. Später legt sich das meist wieder. Bei Menschen mit einem Typ-2-Diabetes ist es oft so, dass sie oder sogar der Hausarzt viel zu lange warten, bis mit einer Insulintherapie angefangen wird.» Prof. Lehmann spricht von einer «psychologischen Insulinresistenz.»

Motivation und
psychologische Tricks

Bei allen Patientengruppen ist der Schlüssel zu einem gutem Selbst­management letztlich der gleiche: Motivation. Denn obwohl Unzuverlässigkeit beim Blutzuckermessen und Spritzen schwerwiegende Spätfolgen hat, ist Prof. Lehmann überzeugt, dass Angstmache gar nichts bringt, insbesondere nicht bei Teenagern. Viel mehr sei es ganz wichtig, zu ermutigen. «Hat sich ein Jugendlicher nur ein bisschen verbessert, sagen wir beispielsweise nicht, dass das zu wenig sei, sondern loben den kleinen Fortschritt und sagen, dass er auf dem richtigen Weg sei.»
Oft wird auch von Patienten verlangt, dass sie Gewicht verlieren müssen. Vor allem bei älteren Patienten hat das vielfach kaum Wirkung. Im Gegenteil: «Die meisten haben das schon mehrfach vergeblich probiert. Darum sind sie gar nicht erst motiviert, die Krankheit anzugehen. Ihnen sagen wir daher, dass es als erstes Ziel bereits gut ist, wenn sie nicht mehr zunehmen. Häufig geben wir auch Schrittzähler ab. Die meisten Menschen gehen rund 2 500 Schritte pro Tag, ideal wären mindestens 10 000. Auch hier setzen wir auf kleine Zwischen-Etappen. Die Patienten sollen zum Beispiel 1000 Schritte mehr schaffen. Gelingt das, sind sie stolz und motiviert, etwas für ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit zu tun.»

Teamwork von Patient
und Arzt entscheidend

Teilweise werden Patienten auch dazu angehalten, ein so genanntes Plasmaglukose-Tagebuch zu führen. Prof. Roger Lehmann lässt das meist weg, da es nicht sehr beliebt ist und meist auch nicht nötig, ausser, wenn spezielle Fragen auftauchen. «Mit den heutigen modernen Blutzuckermessgeräten kann man die täglich selbst gemessenen Daten aufzeichnen und dem Arzt auf den Computer laden. So haben wir eine Übersicht.» Zudem ist diese elektronische Kontrolle ebenfalls ein guter Anreiz, nicht zu schummeln.
Ganz zentral für ein gutes Diabetes-Selfmanagement ist laut Prof. Lehmann die Zusammenarbeit von Patient und Arzt. Dieser ist Coach und im Idealfall Vorbild, auch was die Bewegung angeht. «Wenn er selbst zu Fuss oder mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, ist das überzeugender als alle Worte.»     

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