Von Ursula Burgherr
Die meisten gesunden erwachsenen Menschen fühlen sich nach sieben bis acht Stunden Schlaf ausgeruht. Langschläfer brauchen jedoch zehn Stunden, um fit zu sein; Kurzschläfern reichen gerade mal fünf. Warum die Schlafbedürfnisse so unterschiedlich sind, ist gemäss Dr. phil. Daniel Brunner vom Zentrum für Schlafmedizin an der Klinik Hirslanden vor allem genetisch bedingt. «Es gibt kein generelles Mass von zu viel oder zu wenig Schlaf», meint der Experte. Er empfiehlt deshalb, sich in Bezug auf die individuelle Schlafdauer nicht von Empfehlungen beeinflussen zu lassen, sondern nur auf sich selber zu achten. Dr. Brunner: «An stressfreien Tagen oder in den Ferien lässt sich besonders gut herausfinden, wie viel Nachtruhe optimal ist, um sich fit zu fühlen.»
In der Schlafforschung wird der Schlaf in zwei Formen eingeteilt: die REM-Phase (REM = Rapid Eye Movement) und die Non-REM-Phase. In der REM-Phase schlägt das Herz schneller, die Atemfrequenz und der Blutdruck variieren und die Augen bewegen sich bei geschlossenen Lidern hin und her. Fällt man in den Tiefschlaf oder die Non-REM-Phase, bleiben die Augen ruhig, Körpertemperatur und Blutdruck sinken. «Pro Nacht durchlaufen wir vier bis sechs solcher Schlafzyklen», erklärt Dr. Brunner. Untersuchungen haben gezeigt, dass fast alle Menschen auch dann schlafen, wenn sie überzeugt sind, kein Auge zugetan zu haben. Wer schlecht schläft, sollte nicht in Panik geraten. Dr. Brunner: «Viele unserer Patienten befinden sich in einem Teufelskreis. Vor lauter Angst, nicht einschlafen zu können, wird mit dem Einschlafen garantiert nichts.»
Immer zur gleichen
Zeit aufstehen
Stress ist ein Schlafkiller, aber in gewissen Lebensphasen leider nicht vermeidbar. «Wichtig ist, dass ein angespannter Mensch sich nicht unter Druck setzt, jede Nacht acht Stunden zu ruhen und immer zu einer fixen Uhrzeit einschlafen zu müssen», erläutert Dr. Brunner und rät, erst ins Bett zu gehen, wenn die Schlafbereitschaf da ist. Wer dann trotzdem nicht einschlummern kann, sollte sich nicht herumwälzen, sondern aufstehen und das Schlafzimmer verlassen. In der Nacht ständig auf die Uhr zu schauen, ist extrem kontraproduktiv. Ebenso morgens länger liegenzubleiben. «Die wichtigste Massnahme bei Schlafstörungen: Immer zur gewohnten Zeit aufstehen, egal wie spät man eingeschlafen ist. Eine erfolgreiche Regularisierung des Schlafrhythmus funktioniert nur über das regelmässige Aufstehen», bekundet Dr. Brunner.
Pillen sind keine Lösung
Wer sich morgens zerschlagen fühlt und tagsüber ständig müde ist, sollte die Hintergründe abklären lassen. Rund 4 % der Bevölkerung leidet unter einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom, das durch häufige Atempausen im Schlaf entsteht. Sie können durch das Tragen einer Überdruckmaske im Bett behandelt werden, die mit positivem Druck das entspannte Gewebe im Nasen- und Rachenraum stabilisiert und die Atemwege offenhält. Circa 5 % aller Personen, die von Schlafstörungen betroffen sind, haben das sogenannte Restlesslegs-Syndrom. Es manifestiert sich durch einen ständigen Bewegungszwang in den Beinen – vor allem nachts. In schweren Fällen werden Dopaminagonisten verabreicht, die gute Wirkung zeigen. «Bei den meisten unserer Insomnie-Patienten ist jedoch das Problem der Schlafstress, in den sie sich hineinmanövriert haben», erzählt Dr. Brunner aus Erfahrung.