Geschlechtergleichstellung: Vorteile für Frauen

Nordeuropäerinnen schneiden bei Gedächtnistests wesentlich besser ab

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Die kognitiven Funktionen von Frauen nach der Lebensmitte werden durch die Geschlechtergleichstellung in den Ländern, in denen sie leben, beeinflusst. Zu diesem Ergebnis ist eine Studie unter der Leitung der Columbia University gekommen. Sie stellt laut Forschungsleiter Eric Bonsang einen ersten Versuch der Erforschung der negativen Auswirkungen von Geschlechterungleichheit auf die spätere Gesundheit von Frauen dar.

Daten aus 27 Ländern analysiert

Das Team analysierte Daten zur kognitiven Leistung von Studienteilnehmern zwischen 50 und 93 Jahren. Sie stammten aus mehreren Untersuchungen wie der Health and Retirement Study, der Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe, der English Longitudinal Study of Ageing und der WHO Study on Global AGEing and Adult Health. Insgesamt lieferten diese Umfragen Daten aus 27 Ländern.

Es zeige sich deutlich, dass Frauen, die gleichgestellt leben, in höherem Alter bei kognitiven Tests besser abschneiden als Frauen, die in Ländern mit Geschlechterungleichheit leben. In Ländern, die sich im Laufe der Zeit in diesem Bereich entwickelten, verbesserte sich laut Bonsang auch die kognitive Leistung der Frauen in Relation zu der der Männer.

Bosang und seinen Kollegen Vegard Skirbekk und Ursula Staudinger ist aufgefallen, dass die Unterschiede des Abschneidens von Männern und Frauen bei kognitiven Tests im Ländervergleich sehr groß waren. In Nordeuropa schneiden Frauen bei Gedächnistests eher besser ab als Männer. Genau das Gegenteil scheint jedoch bei mehreren südeuropäischen Ländern der Fall zu sein. Diese Beobachtung führte zur Erforschung der möglichen Unterschiede.

Verschiedene Faktoren ausschlaggebend

Wirtschaftliche und sozioökonomische Faktoren spielen laut den Forschern wahrscheinlich eine wichtige Rolle. Sie fragten sich jedoch auch, ob soziokulturelle Faktoren, wie die Haltung zu Geschlechterrollen, auch zu den weltweiten Unterschieden bei der kognitiven Leistung beitragen könnten. Ihre Hypothese ging davon aus, dass Frauen, die in Gesellschaften mit traditionelleren Haltungen zu den Rollen der Geschlechter leben, auch eher weniger Zugang zu Bildung und Arbeit haben und daher später im Leben auch ihre kognitive Leistung schlechter sein könnte als die der gleichaltrigen Männer.

In der Summe wiesen die Daten eine beträchtliche Variabilität der Geschlechterunterschiede bei den kognitiven Leistungen auf. In manchen Ländern schnitten die Frauen besser ab als die Männer. Am besten schnitten dabei die Frauen in Schweden ab. In anderen Ländern waren die Testergebnisse der Männer am besten. Der größte Unterschied zeigte sich hier in Ghana.

Kausaler Zusammenhang wahrscheinlich

Obwohl es sich um korrelierende Daten handelt, weisen mehrere genauere Analysen auf einen kausalen Zusammenhang hin. Diese Analysen legen nahe, dass die Haltungen zu Geschlechterrollen eine bedeutende Rolle bei wichtigen Folgen für Frauen in verschiedenen Ländern spielen könnten. Laut Bonsang zeigen diese Forschungsergebnisse auch, wie wichtig es ist, scheinbar ungreifbare Einflüsse wie kulturelle Einstellungen und Haltungen bei der Erforschung des kognitiven Alterns zu berücksichtigen. In weiteren Studien sollen diese Auswirkungen näher untersucht werden. Dabei wird es um die Auswirkungen der Geschlechterrollen auf Institutionen, Politik und den Arbeitsmarkt sowie die Auswirkungen der eigenen Haltung der Frauen gehen. Die Forschungsergebnisse wurden in Psychological Science veröffentlicht.

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