Krummer Finger, krummer Penis: Zwei Krankheiten, eine Behandlung

Der Begriff Fibromatose wird den meisten wohl nicht viel sagen. Sie ist jedoch Ursache für zwei verschiedene Krankheitsbilder, die die Lebensqualität Betroffener jede auf ihre Weise stark beeinträchtigen kann. Nicht immer ist eine Operation notwendig. Für beide Erscheinungsformen gibt es auch eine medikamentöse Therapie.

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Unter der Haut, zwischen Muskeln, Knochen und den Organen befindet sich Bindegewebe. Bei der Fibromatose kommt es zu einer Wucherung von Bindegewebe: es wächst und breitet sich auch in umliegendes Gewebe aus. Im Gegensatz zu Krebs ist diese Gewebevermehrung jedoch absolut gutartig. Die schlechte Nachricht ist, dass diese Bindegewebswucherungen nicht immer ohne Folge bleiben. Zwei dieser Folgen werden hier vorgestellt: „Krummer Finger“ und „Krummer Penis“.

Krummer Finger

Eine solche Folge ist der sogenannte „krummer Finger“ bzw. „Morbus Dupuytren“  im Fachjargon. Beim Morbus Dupuytren findet die Bindegewebswucherung in der Handinnenfläche statt. Zunächst bilden sich kleine Knoten unter der Haut, die in der Regel schmerzlos und – wie gesagt – immer gutartig sind. Mit der Zeit bildet sich aus diesen Knoten ein seilähnlicher Bindegewebsstrang, der sich von der Handinnenfläche bis in den Finger erstreckt. Zieht sich dieser Strang in seiner weiteren Entwicklung zusammen, krümmt sich der Finger in Richtung Handinnenfläche und kann nicht mehr richtig bewegt oder gestreckt werden. Diese Krümmung wird auch Kontraktur genannt. Sie kann Betroffene stark in Ihren Alltags- und Freizeitaktivitäten beeinflussen, weil die Hände für so gut wie jede Tätigkeit eingesetzt werden.

Ursachen

Morbus Dupuytren kommt 5-15mal häufiger bei Männern vor als bei Frauen, und besonders häufig bei hellhäutigen Menschen und Nordeuropäern. Man geht davon aus, dass die Krankheit zuerst bei den Wikingern auftrat und sich durch ihre Reisen in der übrigen Welt verbreitet hat. Dass heisst, auch die Vererbung spielt eine Rolle: Bei 70% der Betroffenen gab es bereits Fälle in der Familie. Weitere Ursachen bzw. Begleiterscheinungen werden in der Fachwelt kontrovers diskutiert.

Behandlung

Es gibt verschiedene Operationstechniken, die entweder darauf abzielen, den Bindegewebsstrang zu durchtrennen oder ganz zu entfernen. Es besteht auch die Möglichkeit, den Strang nicht mittels Operation, sondern mit Hilfe von sägeartigen gelegten Nadelstichen von aussen mechanisch zu durchtrennen. Diese Eingriffe können unter örtlicher Betäubung oder Vollnarkose vorgenommen werden und finden in der Regel ambulant statt.


Nebst diesen Behandlungsmethoden kann der Strang auch mit einem Medikament behandelt werden, dass direkt in die Läsion, also das erkrankte Bindegewebe injiziert wird. Mit Hilfe dieser sogenannten intraläsionalen Injektionstherapie kann der Strang medikamentös aufgelöst werden. Jede Behandlung hat ihre Vor- und Nachteile. Bei einer Operation dauert die Regeneration etwas länger. Alle beschriebenen Methoden können die Kontraktur verbessern, heilen die Krankheit aber nicht: Die Krümmung kann nach einer Weile erneut auftreten.

Krummer Penis

Wenn Bindegewebewucherungen am Schaft des Penis auftreten, kann das bei Erektion zu einer unnatürlichen Krümmung des Penis führen. In der Fachsprache wird diese Erkrankung „Morbus Peyronie“ genannt, die Bindegewebsablagerungen um den Penisschaft beschreibt man als Peyronie-Plaque. Je nachdem, wo sich diese Plaques befinden, krümmt sich der Penis während einer Erektion in unterschiedliche Richtungen – nach oben, nach unten oder zur Seite. Diese Penisverkrümmung kann Schmerzen und Probleme beim Geschlechtsverkehr verursachen und tiefgreifende seelische Folgen haben. Betroffene Männer sorgen sich um das Erscheinungsbild der Erektion, die Potenz, die Auswirkungen auf die Partnerschaft und fühlen sich ihrer Männlichkeit beraubt. Betroffen sind vor allem Männer zwischen 40-60 Jahren, die Krankheit kann aber in jedem Alter auftreten.

Ursachen

Die Ursachen sind weitgehend unbekannt. Eine häufig zitierte Erklärung lautet, dass Traumen, also Verletzungen des Penisgewebes den Auftakt bilden, wie sie z.B. während dem Geschlechtsverkehr auftreten können. Beim Verheilen dieser Verletzungen kommt es zur Bildung von Narbengewebe. Bei manchen Männern kommt es dabei zu einer übermässigen Bildung von Narbengewebe, für die möglicherwiese eine genetische Veranlagung besteht.

Behandlung

Weil diese Erkrankung einen derart intimen Charakter und tiefgreifende Auswirkungen hat, kursieren im Internet unzählige Behandlungsmöglichkeiten von Nahrungsergänzungsmitteln mit Vitaminen und Omega-3-Fettsäuren bis hin zu verschreibungspflichtigen Medikamenten zum Schlucken. Ausreichende wissenschaftliche Belege für die alleinige Anwendung dieser Mittel existieren jedoch nicht. Folgende Behandlungen sind jedoch gut untersucht: Wie beim Morbus Dupuytren gibt es auch beim „Morbus Peyronie“ die Möglichkeit, den Wirkstoff zur Auflösung des kranken Bindegewebes direkt in die entsprechenden Plaques zu injizieren. Die Markierung wird am erigierten Penis gesetzt, gespritzt wird im erschlafften Zustand. Je nach Ausmass und Schwere der Erkrankung lassen sich mit dieser intraläsionalen Therapie Schmerzen und Verkrümmung reduzieren.
Eine weitere Möglichkeit ist die Operation. Solche Operationen werden bereits seit vielen Jahren durchgeführt. Sie bedeuten immer auch einen Eingriff in die Schwellkörperhülle, die dabei etwas verkürzt oder verlängert oder mit einer Penisprothese versehen wird. Welche Art des Eingriffs in Frage kommt, hängt von individuellen Faktoren ab.

Am Anfang einer jeden Verbesserung der eigenen Lebenssituation steht der erste Schritt. Zögern Sie deshalb nicht, einen Arzt aufzusuchen, wenn Sie bei sich entsprechende Symptome und Einschränkungen feststellen. Heute stehen zur Behandlung sowohl operative als auch nicht-operative Möglichkeiten zur Verfügung. Holen Sie sich Ihre Lebensfreude zurück!

Von Dr. pharm. Chantal Schlatter

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