Smarte Kameras überwachen Krankenhaushygiene

Neues System arbeitet im Praxistest 75 Prozent genauer als der Mensch

iStock/TommL

 

EPFL-Forscher setzen gegen lästige Infektionen mit Krankenhauskeimen in Europas Spitälern statt menschlichen Kontrolleuren auf eine smarte Kombination aus raumerfassenden Tiefenkameras und Algorithmen, die selbständig die Handhygiene in Krankenhäusern überwachen. Im Praxistest hat das System eine Genauigkeit von 75 Prozent erzielt, der menschliche Kontrolleur schaffte nur 63 Prozent.

Eins-zu-20-Chance für Infektion

"Wir versuchen, etwas Licht auf die dunklen Flecken im Gesundheitswesen zu werfen. Das Problem der Krankenhauskeime zu verstehen, ist hier nur der erste Schritt", zitiert der "NewScientist" den EPFL-Wissenschaftler Alexandre Alani. Wer heute einen Aufenthalt in einem europäischen Krankenhaus absolvieren muss, habe eine Eins-zu-20-Chance, sich währenddessen eine Infektion einzufangen. "Einer der Hauptgründe dafür ist die mangelhafte Handhygiene", betont Alani. Und das, obwohl eigentlich in jeder Gesundheitseinrichtung genügend Verteiler mit auf Alkohol basierendem Desinfektionsmittel zur Verfügung stünden.

"Das Thema Handyhygiene wird in Krankenhäusern hierzulande sehr ernst genommen. Jede Institution verfügt über eigene Hygienebeauftragte, die kontrollieren, dass ausreichend Desinfektionsspender aufgestellt sind und diese auch regelmäßig befüllt werden", erfährt pressetext von einem Oberarzt einer österreichischen Krankenanstalt. Auch das Personal werde speziell geschult, um der Gefahr von Infektionen vorzubeugen. "Ich halte nicht sehr viel davon, die Handhygiene mit Kameras zu kontrollieren. Das geht mir zu sehr in Richtung Überwachung und wäre den betreffenden Personen sicherlich unangenehm", gibt der Mediziner zu bedenken.

Testlauf in Schweizer Einrichtungen

Auch die Forscher des EPFL sind sich des Datenschutzaspektes ihres Ansatzes durchaus bewusst. "Die Tiefenkameras, die wir verwenden, fangen mehr Information über die Position einer Person ein als über ihr Aussehen. Die Bilder, die dabei aufgezeichnet werden, bestehen zum Großteil aus unidentifizierbaren menschlichen Klumpen", hält Alani Kritikern entgegen.

Zumindest in zwei Schweizer Krankenhäusern hat er die Verantwortlichen davon überzeugen können. Dort hat er mit seinem Team erste Praxistests mit seinem Kamerasystem durchgeführt. Dazu wurden nicht nur stark frequentierte Korridore, sondern auch Patientenzimmer überwacht. Das Ergebnis ist ernüchternd: Von insgesamt 170 Personen, die ein Zimmer betreten haben, haben nur 30 die Desinfektionsverteiler benutzt.

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