Von Sonnen- und Schattenseiten

Der Liegestuhl auf dem Balkon, der Spaziergang über lichtbeflutete Wiesen, das Badetuch am Strand und die Wärme auf der Haut – Sonne macht glücklich. Aber alles in Massen, denn es gibt eine Kehrseite der Medaille. – Ein Interview mit Hautärztin Dr. med. Daniela Stauffer.

 

 

 

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Die Sonne ist die Ursache allen Lebens. Wann ist sie aber für uns schädlich?

Dr. Daniela Stauffer: Die Sonne ist wichtig für unser Wohlbefinden, sie bestimmt unseren Tag-Nacht- Rhythmus. Wir brauchen die Sonne, um in der Haut aktives Vitamin D zu bilden. Das Problem ist, dass die UV-Strahlen in die Haut eindringen. Dort schädigen sie die Hautzellen und können Hautkrebs auslösen. Sie nehmen Einfluss auf die Pigmentbildung – die Haut bräunt sich oder es bilden sich Pigmentflecken – und interagieren mit den Strukturproteinen Kollagen und Elastin. Die Schädigung dieser beiden Strukturproteine führt zur vorzeitigen Hautalterung mit groben Hautporen und tiefen Falten.

Es gibt verschiedene Arten von Hautkrebs. Worin unterscheiden sie sich?

Der weisse Hautkrebs, ein sogenanntes Basalzellkarzinom oder ein Plattenepithelkarzinom (Spinalzellkarzinom,), stammt in den allermeisten Fällen von der Sonne. Weisser Hautkrebs ist in der Regel nicht tödlich der er zum Glück nicht so schnell Ableger macht.
Der Schwarze Hautkrebs hingegen, das sogenannte Melanom, macht früh Metastasen und führt häufig zum Tod. Die Forschung hat grosse Fortschritte gemacht und die sog. Immuntherapie kann auch bei bereits metastasiertem Melanom die Lebenszeit verlängern. Beim schwarzen Hautkrebs spielt primär die genetische Veranlagung eine grosse Rolle, aber auch die Sonne - einerseits die Sonnenexposition in der Kindheit andererseits aber auch die chronisch übermässige UV-Exposition. Aber es gibt noch einige offene Fragen, weil der Krebs auch an Orten entstehen kann, wo kein Sonnenlicht hinkommt, im Mund oder im Darm zum Beispiel. Darum ist ein optimaler, konsequenter UV-Schutz sehr wichtig bei der Vorsorge für weissen und auch schwarzen Hautkrebs.

Was heisst optimal? Reicht der Sonnenschutz in der täglichen Gesichtspflege oder braucht es einen zusätzlichen Sonnenschutz?

Liebe Frau Schlatter- heute wird eigentlich empfohlen, täglich LSF 50+ anzuwenden, darum haben Ultrasun, AVENE, Louis Widmer, LA Roche Posay  usw. Tages- und Anti-Aging Hautpflegen entwickelt, teils sogar mit Tönung, die wirklich täglich, ohne Ausnahme, angewendet werden sollen, um auch die UV-Strahlung bei Regen abzufiltern.

Inwiefern?

Patienten, die einmal an Hautkrebs erkrankt waren, egal ob an weissem oder schwarzem, sollten nicht mehr an die Sonne. Für Hautkrebspatienten und immunsupprimierte Patienten gibt es Sonnenschutzmittel mit Lichtschutzfaktor 75. In solchen Fällen wird der Sonnenschutz auch von einigen grossen Krankenkassen bezahlt. Mit diesem hohen Sonnenschutz treiben wir die Leute aber in einen Vitamin D-Mangel. Das ist uns bewusst, und deshalb wird auch der Vitamin-D-Status von solchen Patienten regelmässig überprüft.

Warum ist Vitamin-D-Mangel ein Problem?

Der Körper benötigt Vitamin D z.B. für den Knochenaufbau und den Kalziumstoffwechsel, Vitamin D sorgt für gute Launen und ist wichtig bei der Darmkrebs Prävention. Ein Vitamin-D-Mangel erhöht das Risiko für Osteoporose. Heute weiss man, dass Vitamin D viele weitere positive Effekte auf die Gesundheit hat und dass in unseren Breiten ein Vitamin-D-Mangel weit verbreitet ist, auch ohne extensiven Sonnenschutz. Vielleicht weil wir uns zu wenig im Freien aufhalten.

Wo liegt denn das gesunde Mittelmass?

Eigentlich reicht es, wenn die Haut von Gesicht und den Händen täglich während 10 Minuten Sonnenlicht tanken. Es ist sicher falsch, sich aus Angst vor einem Vitamin-D-Mangel in die Sonne oder ins Solarium zu legen. Das Risiko für Hautkrebs überwiegt die Folgen eines möglichen Vitamin-D-Mangels. Im Zweifelsfalle kann man das fehlende Vitamin D für ein paar wenige Franken im Monat mit Vitamin-D-Tröpfchen ersetzen.

Wie kann man die Haut auf die Sonne vorbereiten?

Die Leute haben immer das Gefühl, man kann die Haut vorbereiten, damit sie sich nicht verbrennt. Das kann man schon, aber immer mit Sonnenschutz. Bereits beim den ersten Sonnenstrahlen muss die Haut genügend geschützt werden. Der Sonnenschutz muss wasserfest sein und einen LSF von mindestens 25 haben. Sobald eine sehr empfindliche sonnenallergische oder krebsbelastete Haut besteht, muss mit den höchsten Faktoren geschützt werden, in der Schweiz sind das die Lichtschutzfaktoren 50+ oder 75. Bei einer Sonnallergie kann beim Dermatologen mit dreimal wöchentlichen Sitzungen in der Lichtkabine eine sehr langsame Gewöhnung der Haut an die UV-Strahlung über 6 Wochen durchgeführt werden.

Hilft das Solarium?

Das Solarium ist der absolut falsche Weg. Die UV-A-Strahlung aus den Solarien schädigt die Haut enorm ohne jene Lichtschwiele aufzubauen, eine Verdickung der obersten Hautschicht, die als natürlicher Sonnenschutz wirkt. Es ist deshalb nicht möglich, im Solarium die Haut für die Ferien vorzubräunen.

Also Sonnenschutzmittel. Was gibt es hier für Unterschiede?

Die Sonnenschutzmittel funktionieren entweder mit physikalischen oder mit chemischen Filtern. Physikalische Filter, auch Pigmentfilter genannt, enthalten mineralische Stoffe, die auf der Haut eine Schutzschicht bilden, welche die auftreffende UV-Strahlung reflektiert. Sie sind in der Regel gut verträglich und auch schon für Kleinkinder geeignet. Sie schützen sofort. Der Nachteil ist, dass sie auf der Haut einen weisslichen Film hinterlassen. Chemische Filter enthalten Stoffe, welche die Strahlen absorbieren und ihre Energie in anderer Form wieder abgeben. Wenn es auf der Packung nicht explizit etwas anderes heisst, entwickeln diese Sonnencremen ihre Schutzwirkung erst nach 20 bis 30 Minuten und müssen deshalb im Voraus aufgetragen werden.

Und bei einer Creme mit Sofortschutz?

Diese kann auch erst am Strand aufgetragen werden, dann aber bitte sofort und nicht zuerst ins Wasser gehen.

Haben die chemischen Filter keine Nebenwirkungen?

Es gibt gewissen UV Filter, die Mensch und Umwelt, vor allem die Meere und insbesondere die Korallen schädigen. Darum wird heute empfohlen, auf das sogenannte „Ocean respect“  oder „EcoSun Pass“ Label zu achten.
Selten können durch chemische Filter Allergien hervorgerufen werden. Darum wird bei kleinen Kindern bis zum Alter von 3-4 Jahren empfohen, physikalische Filter zu bevorzugen.

Und was hat es mit dem Lichtschutzfaktor auf sich?

Der Lichtschutzfaktor sagt nur etwas über die Höhe des UVB-Schutzes aus. Weil aber auch die UVA-Strahlung, die Infrarote Strahlung und das Blaue Licht sehr schädlich sind, sollte das Sonnenschutzmittel zusätzlich einen ausreichenden Schutz gegen UVA-Strahlung bieten. Dieser Schutz sollte mindestens einen Drittel des UVB-Schutzes betragen. Produkte, welche diese Anforderungen erfüllen, werden auf der Packung mit einem eingekreisten „A“ gekennzeichnet. Darauf sollte man achten. Neue moderne UV-Schutzmittel tragen zudem den Vermerkt PA+++ als Hinweis für Schutz vor Infraroter Strahlung und Blauem Licht.

Was muss man bei der Wahl sonst noch berücksichtigen?

Wie die Hautpflege muss auch der Sonnenschutz typgerecht sein. Also beispielsweise bei fettiger Haut keine fettige Sonnencreme anwenden, besser sogenannte Cremegels. Ausserdem ist es von Vorteil, wenn ein Sonnenschutz wasserfest ist. Der Sonnenschutz soll genug früh, in genügender Menge und genügend hohem Faktor überall, wo die Sonne hinkommt, angewendet werden. Die Pumpsprays verteilen das Sonnenschutzmittel nicht genug fein auf der Haut, die Mittel müssen zusätzlich von Hand nahtlos verteilt werden. Anders sieht es bei Sonnenschutzmitteln aus, die aufgesprüht werden können, aber davon gibt es in der Schweiz zurzeit nur ein Produkt auf Ölbasis. Weitere Fehler ergeben sich daraus, dass zwar alles ordentlich eingecremt wurde, mit den Kleidern dann wieder alles weggewischt wird. Im Prinzip sollte man die Creme eine Weile einwirken lassen, bevor man sich etwas darüber zieht. Auch reicht eine 1xtgl. Anwendung nicht aus, trotz des Namens einiger Produkte. Durch Wasser, abtrocknen, schwitzen usw. geht immer Sonnenschutz verloren.

Sonnenschutz ist mit Kosten und Aufwand verbunden. Was sagen Sie zur Motivation?

Sonnenschutz schützt vor zum Teil tödlichen Krankheiten und ist das beste Mittel gegen vorzeitige Hautalterung. Und wer realisiert, dass vor allem die Sonnenbelastung in der Kindheit ein Risiko darstellt, wird auch sein Kind ausreichend schützen.

Von Dr. pharm. Chantal Schlatter, Apothekerin



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